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Arbeitsrecht

Die Rechtssicherheit unserer Führungskräfte – setzen SECHS?

Der Aufstieg zur Führungskraft im Unternehmen ist geschafft, Freude und Stolz sind groß. Doch mit der neuen Position sind eine ganz Reihe von zusätzlichen Pflichten verbunden. Neben den bisher ausreichenden fachlichen Kenntnissen muss die frisch gebackene Führungskraft plötzlich auch über betriebswirtschaftliches und, was weit schwerer wiegt, über juristisches Know-how verfügen. Umweltrecht, Produkthaftung, Urheberrecht, die gesetzlichen Vorgaben scheinen endlos und fast täglich werden Führungskräfte mit Arbeitsrechtsfragen konfrontiert. Zwar müssen sie Recht und Gesetz nicht bis in die Tiefe der einzelnen Paragrafen und ihre vielfältigen Auslegungsmöglichkeiten beherrschen, einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Regelungen sollten sie aber dennoch haben.

Haftung bei Fehlverhalten

Das gilt besonders für den Bereich Arbeitsrecht. Denn bei einem Fehlverhalten eines Mitarbeiters ist rechtssicheres Handeln nicht nur mit Blick auf den betroffenen Mitarbeiter und das in Rede stehende Geschehen zwingend erforderlich. Zugleich ist auch das Risiko hoch, in einem möglichen Schadensfall persönlich haftbar gemacht zu werden. Laut einer Deloitte-Studie (Deloitte Compliance-Management im Mittelstand, Haftung bei Fehlverhalten im Unternehmen) ziehen 90 Prozent der Unternehmen Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer bei Fehlverhalten zur Rechenschaft und bei 40 Prozent der Unternehmen müssen auch Führungskräfte für Fehlverhalten in ihren Abteilungen und Bereichen haften.

Zweifel sind vorhanden und berechtigt

Können Führungskräfte den hohen Anforderungen, die an sie gestellt werden, denn überhaupt gerecht werden? Verfügen sie über die betriebswirtschaftlichen und juristischen Kenntnisse, die die gehobene Position zwangsläufig mit sich bringt? Diese Fragen lassen sich nicht eindeutig beantworten. Es gibt bislang keine Studie, die das tatsächlich vorhandene juristische Wissen von Führungskräften untersucht hätte. Schaut man sich aber die schiere Flut der Weiterbildungsangebote für Führungskräfte an, und hier wiederum speziell mit Blick auf das Arbeitsrecht, sind Zweifel durchaus angebracht. Und Zweifel haben auch die Führungskräfte selbst. Vielleicht nicht explizit im juristischen Bereich, es herrscht aber durchaus ein generelles Unbehagen vor. Das belegt eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung (Führungskräfte-Radar der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung an der Universität Witten/Herdecke [1]). Demnach wird ein hoher Anteil an insbesondere jüngeren Führungskräften von Selbstzweifeln geplagt.

Fast 5000 Rechtspflichten sind zu beachten

Das Unbehagen wird sicher durch die Tatsache befördert, dass in den wichtigsten 40 Branchen der deutschen Wirtschaft etwa 4.800 Rechtspflichten eingehalten werden müssen, von denen sich obendrein zehn Prozent jeden Monat ändern. Mit jeder dieser Pflichten wächst das Risiko, für eventuelle Schäden zur Verantwortung gezogen zu werden. Verantwortung zu tragen, bedeutet eben auch, für vielleicht spontan getroffenen Entscheidungen haftbar gemacht zu werden. Eine verantwortungsvolle Position bedeutet deshalb nicht nur, selbstständig handeln und entscheiden zu können, sondern sie beinhaltet auch Rechtfertigungspflichten. Die eigenständigen Entscheidungen müssen der nächsthöheren Führungsebene gegenüber gerechtfertigt werden. Das setzt zugleich ein hohes Maß an Eigenverantwortung voraus. Die Fragen, welche Schritte vertretbar oder auch welche Disziplinierungsmaßnahmen angemessen sind, stehen im Raum. Die Akademie für Führungskräfte [2] Überlingen/Bad Harzburg hat in einer Studie im Jahre 2012 festgestellt, dass 82,1 Prozent der befragten Führungskräfte nicht immer der eigenen Überzeugung folgen. Und 32,9 Prozent gar sehen das Verhalten ihrer direkten Vorgesetzen durchaus auch einmal als moralisch fragwürdig an.

Mehr Gewinn durch bessere Führungskräfte

Es kann deshalb auch nicht verwundern, dass die meisten Mitarbeiter nur Dienst nach Vorschrift machen. 16 Prozent aller Beschäftigten haben innerlich bereits gekündigt. Das ist das Ergebnis der renommierten Gallup-Studie [3], die seit 2001 mit dem Engagement-Index die emotionale Bindung der Mitarbeiter an ihre Unternehmen misst. Mit besseren Führungskräften, so hat die Studie errechnet, könnten die Unternehmen jährlich über 100 Milliarden Euro mehr Gewinn machen. Dieser Defizite sind sich die Führungskräfte indes gar nicht bewusst. Wie die Gallup-Studie ebenfalls festgestellt hat, halten sich 97 Prozent für gute Führungskräfte, während gleichzeitig 69 Prozent der Arbeitnehmer angeben, es schon mindestens einmal in ihrem Arbeitsleben mit einem „schlechten Vorgesetzen“ zu tun bekommen zu haben.

Erschreckend hohe Zahlen

Beeindruckende Zahlen, die doch gewisse Hinweise darauf geben können, dass es bei der Vorbildung in betriebswirtschaftlichen und juristischen Belangen und nicht zuletzt auch mit Blick auf die geforderte Eigenverantwortung bei deutschen Führungskräften erhebliche Lücken gibt und dringend Abhilfe geschaffen werden muss. Dafür haben deutsche Unternehmen unter anderem „Compliance“ für sich entdeckt. Darunter versteht man ein eigens für den jeweiligen Betrieb entwickeltes Konzept, das die Einhaltung gesetzlicher und unternehmensinterner Richtlinie garantiert. Es werden Compliance-Abteilungen eingerichtet, die Maßnahmen erarbeiten und umsetzen, die die Regelkonformität der Unternehmen sicherstellen und Regelverstöße festhalten und ahnden. In der Studie Compliance [4] im Mittelstand wird die Bedeutung dieser speziellen Abteilungen sichtbar. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen hält das mittlere Management und Führungskräfte nämlich für anfällig für Verstöße gegen gesetzliche und unternehmensinterne Richtlinien. Daraus lässt sich unter anderem auch ableiten, dass sage und schreibe 50 Prozent der Führungskräfte Lücken in ihren rechtlichen Vorkenntnissen haben und/oder die nötige Eigenverantwortung vermissen lassen, denn sonst wäre es doch in den meisten Fällen sicher gar nicht erst zu Regelverstößen gekommen. Eine erschreckend hohe Zahl!

Unterstützung suchen und finden

Neben der Einrichtung einer Compliance-Abteilung müssen Personalverantwortliche in den Unternehmen deshalb verstärkt auf die Aus- und Weiterbildung ihrer Führungskräfte achten. Das gilt nicht nur für gerade erst beförderte, sondern auch für lange Jahre erfahrene Führungskräfte. Mitarbeiterführung erfordert nun einmal besondere Fähigkeiten und Kompetenzen. Der stete Wandel und Fortschritt nicht nur in der Arbeitswelt machen kontinuierliche Fortbildung zwingend erforderlich. Wie erwähnt ist aber das Angebot an Workshops, Seminaren und sonstigen Qualifizierungssmöglichkeiten speziell für Führungskräfte unüberschaubar groß. Worauf ist bei der Auswahl der richtigen Fortbildung zu achten? Reicht ein Online-Kurs oder soll es doch ein Seminar in einem renommierten Institut sein? Die Antworten auf diese Fragen hängen in erster Linie von den persönlichen Vorkenntnissen und Anforderungen an die Fortbildungsmaßnahme ab. Die Frage nach dem Ausbildungsziel muss definiert werden. Eine wertvolle Unterstützung bei der Suche nach passgenauen Qualifizierungskursen können nicht zuletzt externe Dienstleister und Beratungsorganisationen sein. Fachwissen können beispielsweise auch die Berufsverbände und Interessenvertretungen der Führungskräfte beisteuern. Die ULA, der Dachverband für Fach- und Führungskräfte (United Leaders Association) ist direkter Ansprechpartner für deutsche Unternehmen und bieten neben dem fachlichen Austausch der eigenen Führungskräfte mit Berufskollegen auch zahlreiche Qualifizierungsmöglichkeiten an.

Fazit

Zwar gibt es keine wissenschaftlich nachgeprüften Beweise für mangelndes juristisches Fachwissen bei deutschen Führungskräften, doch lassen zahlreiche, über Jahre regelmäßig wiederholte Untersuchungen und Studien den Schluss zu, dass es bei Führungskräften durchaus Defizite in der Rechtssicherheit gibt. Wenig qualifizierte Führungskräfte aber kosten Geld und Ansehen und tragen nicht dazu bei, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren und besonderen Einsatz zeigen. Hinzu kommen mögliche Haftungsrisiken, die unter Umständen den finanziellen Ruin für kleine und mittlere Unternehmen bedeuten können. Es gibt also mehr als genug Gründe für Geschäftsführer und Personalentscheider, sich mit dem Thema „Rechtssicherheit bei Führungskräften“ auseinander zu setzen und durch geeignete Qualifizierungsmaßnahmen für Abhilfe zu sorgen.

In unseren Schulungen Grundlagen Arbeitsrecht für Führungskräfte und Vom Mitarbeiter zur Führungskraft schulen wir Sie in diversen Fragen rund um Thema Arbeitsrecht, Umgang mit Mitarbeitern, Führungsstil, uvm.

[1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/CCC/24_02_2020_BSt_ID876_Fuehrungskraefte-Radar_layout_V4.pdf
[2] https://akafu.cdn.prismic.io/akafu%2Fa3871122-69c2-4fcd-859e-f7baf56584d5_akademie-studie-2012.pdf
[3] https://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx
[4] https://opus.htwg-konstanz.de/CBCI_Studie_Compliance_im_Mittelstand.pdf

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