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Lasst uns doch mal Aufräumen – die KEHRwende

Viele Unternehmen haben etliche unnötige Prozesse, Abläufe und Regeln. Sie sind meistens sehr gut in den Unternehmensalltag eingebettet, sodass sie kaum auffallen. Doch diese unnötigen Zeitfresser haben langfristig negative Auswirkungen auf die Unternehmen. Die Studie „Today’s State of Work: The Productivity Drain” von ServiceNow und Lawless Research [1] zeigt, dass die einhergehenden Zeitverluste sich auf den Umsatz und den Gewinn der Unternehmen auswirken. US-Unternehmen mit etwa 5.000 Mitarbeitern setzen jährlich rund vier Millionen Stunden für unnötige Aufgaben ein. Das entspricht der Arbeitszeit von 2.000 Mitarbeitern.

Mehrere Studien [2] zeigen, dass viele Mitarbeiter nahezu ein Drittel ihrer täglichen Arbeitszeit mit unnötigen Aufgaben vergeuden. Berücksichtigt man dazu den immer stärker werdenden Fachkräftemangel, wird deutlich, dass ein Drittel ganz schön viel ist.
Falsche Kommunikation, unabhängig ob davon zu viel oder zu wenig stattfindet, ist eine häufige Ursache von zeitlicher Verschwendung [3]. Auch eine zu starke Routine fördert die Anhäufung von unnötigen Prozessen und Abläufen, wie beispielsweise Meetings. Das US-amerikanische Software-Unternehmen Asana [4] hat 2019 herausgefunden, dass nahezu zwei Drittel aller Meetings unnötig sind.
Viele unsinnige Regeln und Abläufe stressen zudem die Mitarbeiter. Der DAK-Psychoreport 2020 [5] zeigt, dass die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen von 2019 bis 2020 um 137 Prozent gestiegen sind. Das zeigt die Wichtigkeit, Stress für Mitarbeiter zu reduzieren. Welche bessere Möglichkeit gibt es, als irrelevante Regeln und Prozesse abzuschaffen?

Viele Unternehmen haben das Problem bereits erkannt. Ein gutes Beispiel ist die Daimler AG. So hatte Daimler [6] bis vor kurzem seine Entscheidungsprozesse noch über mehrere Hierarchieebenen gezogen. Diese Entscheidungsprozesse sollen nun drastisch gekürzt werden. Beispielsweise ist geplant, dass Reisegenehmigungen direkt vom nächsten Vorgesetzten erteilt werden können.

Es muss also aufgeräumt werden

Doch das funktioniert leider nicht so einfach wie zu Hause. Die einfachste Möglichkeit im Eigenheim das Chaos zu bewältigen, ist das komplette aus- und wieder neu einräumen jedes einzelnen Raums. Alles was dabei als nicht wichtig erkannt wird, wird kurzerhand entsorgt.

Leider lässt sich diese Einfachheit nicht auf Unternehmen übertragen. In einem Unternehmen entsteht nichts ohne Grund [2]. Nur leider bleiben die Prozesse, Regeln und Abläufe bestehen, selbst wenn der Grund verfällt. Daher ist es nicht einfach zu erkennen, was wirklich überflüssig ist und was einen noch gegenwärtigen Sinn hat. Der Sinn ist zudem nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich [2]. Ein Meeting kann den ursprünglichen Sinn haben, alle Teilnehmer wöchentlich auf den neuesten Stand zu bringen. Dies könnte mit Hilfe eines Programms vereinfacht werden, sodass das Meeting überflüssig wird. Dass das Meeting jedoch einen immensen Einfluss auf den Zusammenhalt des Teams hat, kann leicht übersehen werden. Die Folge der Abschaffung des Meetings wäre, dass zwar alle durch das Programm weiterhin auf dem aktuellen Stand sind, das Team jedoch an Standhaftigkeit verliert.

Empowerment Effekt, IKEA Effekt und Vertrauens-Effekt

Diese drei Effekte sind häufig die Ursprünge der unnötig vorhandenen Arbeitsschritte in Unternehmen [2]. Der Empowerment Effekt besagt vereinfacht, dass man allem, was man selbst besitzt, einen höheren Wert zuschreibt. Der Wert einer Sache erhöht sich gefühlt zudem, wenn man es selbst zusammengebaut oder erschaffen hat (IKEA Effekt). Der Vertrauens-Effekt ist wohl der bekannteste. Er zeigt sich, in dem typischen Satz „das haben wir schon immer so gemacht”. Alles Vertraute ist demnach gut.

Die Kehrmaschine für Unternehmen

Ziel ist es also, die obigen Effekte aufzudecken und alle unnötigen Zeitfresser zu eliminieren. Die Einführung von Lean-Management kann dem Einsatz einer unternehmerischen Kehrmaschine gleichkommen.

Lean-Management ist eine Management-Philosophie [7]. Sie geht der Frage nach, ob eine Dienstleistung oder ein Produkt mit weniger Arbeit aber gleicher Qualität entstehen kann. Ziel ist es also Fehler zu vermeiden, Kosten zu reduzieren und innerhalb der Wertschöpfungskette Prozessabläufe zu kürzen – ohne dabei an Qualität zu verlieren. Es gibt verschiedene Methoden des Lean-Managements wie beispielsweise:

  • Wertstromanalyse
  • PDCA-Zyklus
  • Hansei
  • Kanban
  • Poka-Yoke
  • Kaizen
  • Total Quality Management
  • Six Sigma
  • 5s-Methode

Eine besondere Möglichkeit zur Säuberung bietet die 5s-Methode. Das Hauptziel der 5s-Methode besteht darin, Arbeitsplätze von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten zu befreien oder diese Tätigkeiten zumindest auf ein Minimum zu reduzieren [8].
Die fünf „S” stehen dabei für:

  • Sortieren
  • Systematisieren
  • Säubern
  • Standardisieren
  • Selbstdisziplin und selbstständiges Verbessern

Werden alle Schritte befolgt, können unter anderem Suchzeiten, Wegezeiten, Transportaufwände, Ausfallzeiten, Verwechslungsfehler und Verschwendungen reduziert werden.

Auf die gleiche Art und Weise funktionieren andere Methoden ebenfalls. Der Grundbaustein aller Methoden, die als Kehrmaschinen fungieren, liegt im Eliminieren unnötiger Schritte. Diese unnötigen Schritte müssen zuerst identifiziert und anschließend gestrichen oder reduziert werden. Eine gute Leitfrage zur Identifizierung lautet [2]: „Was von alldem, was wir heute tun, würden wir nicht neu beginnen, wenn wir es nicht schon täten.”

Vorteile des Aufräumens:

  • Die Vorteile eines „aufgeräumten” Unternehmens liegen auf der Hand [9]:
  • Förderung der Transparenz
  • Erhöhung der Qualität durch Ordnung und Sauberkeit
  • Verbesserung der Arbeitsroutine
  • Zeitersparnisse
  • Minimierung von Verschwendung

Die daraus resultierenden Kostenersparnisse und Qualitätsverbesserungen helfen Unternehmen eine bessere Marktstellung zu erlangen.

Keine Veränderung läuft in einem Unternehmen ohne Risiken ab.

Generell sind alle Management-Methoden nur als Werkzeuge zu verstehen [7]. Diese Werkzeuge können einem Unternehmen nur dann langfristig helfen, wenn sie stets wiederholt werden. Außerdem gibt es nicht ein Tool für alle. Das Unternehmen muss stets eruieren, welche Methode die sinnvollste ist.

Da das Aufräumen keine zeitlich begrenzte Aufgabe, sondern sich wiederholend, wie in einer Art Zyklus stattfindet, riskiert das Unternehmen den Blick auf ihre Umwelt zu verlieren. Der Fokus rückt durch diese intensiven Maßnahmen sehr in das Unternehmensinnere. Veränderungen der Umwelt, des Marktes und der Kundenanforderungen können dabei schnell übersehen werden. [2]

Abschließend sollte der Blick auf die Mitarbeiter nicht vergessen werden [2]. Eventuell fällt während der Säuberungsaktion auf, dass ein Arbeitsschritt völlig unnötig ist. Dieser Arbeitsschritt wurde aber bereits jahrelang von demselben Mitarbeiter durchgeführt. Wenn das Management nun diesen Arbeitsschritt einfach streicht, wird sich der Mitarbeiter nutzlos vorkommen. Außerdem wird der Mitarbeiter in Frage stellen, wie sinnvoll denn seine Arbeit demnach all die letzten Jahre war. Wenn ein vollständiger Prozess gestrichen werden soll, sollte dies mit Wertschätzung geschehen. So wird dem Arbeitnehmer vermittelt, dass seine Arbeit nie wertlos war – aber nun andere Aufgaben in den Vordergrund rücken.

Quellen

[1] https://www.mediadefine.com/page,aktuelle-nachrichten-strategie-business-development,produktivitaetsschwund-ueberfluessige-aufgaben-zeitfresser-ungeeignete-werkzeuge,0,0,40,0,de.htm
[2] https://podcasts.apple.com/de/podcast/managerseminare-das-weiterbildungsmagazin/id289248853?i=1000447605993
[3] Lippe G., (2015), Führung als Herausforderung. Ein Erfahrungs- und Impulsgeber für Führungssituationen in Unternehmen, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg.
[4] https://www.abs-global-factoring.de/a-b-s-blog/effizientes-arbeiten-mit-weniger-aufwand-mehr-erreichen/
[5] https://www.dak.de/dak/bundesthemen/dak-psychoreport-2020-2335930.html#/
[6] https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/daimler-daimler-stoesst-kulturwandel-an/14766332.html
[7] https://ifm-business.de/aktuelles/business-news/was-ist-lean-management-definition-methoden.html
[8] https://www.lean-production-expert.de/5s-methode
[9] https://www.iph-hannover.de/de/information/lean-production/methoden-lean-management/#umsetzung

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