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Der QMB als Coach – was soll das?

Der Titel mag provokant klingen doch die Frage ist berechtigt. „Der QMB als Coach“ – das klingt für viele Qualitätsmanagementbeauftragte zunächst ungewohnt. Schließlich sind sie es gewohnt, Prozesse zu analysieren, Audits zu begleiten, Kennzahlen zu überwachen und Maßnahmen zu dokumentieren. Coaching? Das klingt nach Psychologie, Führungskräftetraining oder Persönlichkeitsentwicklung aber nicht nach ISO 9001.

Und doch: In modernen Unternehmen mit gelebtem Qualitätsmanagement verschiebt sich die Rolle des QMB deutlich, weg vom reinen Systemverwalter hin zum internen Coach, der Teams, Führungskräfte und Fachbereiche begleitet, befähigt und motiviert. Denn Qualität entsteht nicht in Formularen oder Checklisten, sondern in Köpfen, Prozessen und Haltungen.

Vom Systemhüter zum Entwicklungsbegleiter

Traditionell galt der QMB lange als „Hüter des Systems“. Er stellte sicher, dass alles dokumentiert war, Prozesse aktuell gehalten wurden und die Normanforderungen erfüllt waren. Die Auditberichte waren sein Terrain, und wer eine Abweichung fand, durfte mit seiner Unterstützung rechnen oder mit einer kritischen Nachfrage.

Doch diese Rolle stößt in modernen Strukturen zunehmend an ihre Grenzen. Unternehmen erwarten heute, dass Qualitätsmanagement aktiv zur Zielerreichung beiträgt: zur Effizienzsteigerung, Fehlervermeidung, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterbindung. Dafür braucht es mehr als Kontrolle, es braucht Kommunikation, Moderation und die Fähigkeit, Menschen mitzunehmen.

Genau hier beginnt die Coaching-Kompetenz des QMB.

Ein moderner QMB begleitet Teams bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen, unterstützt Führungskräfte in Entscheidungsprozessen und hilft Mitarbeitenden, eigene Lösungen zu entwickeln. Er vermittelt Zusammenhänge, stellt Fragen statt Vorgaben zu machen und schafft Bewusstsein für Qualität im Alltag.

Kurz gesagt: Er coacht.

Prozessoptimierung mit Beteiligung

Ein Fertigungsunternehmen stand vor der Herausforderung, lange Durchlaufzeiten in einem Montageprozess zu verkürzen. Der QMB hätte, klassisch gedacht, eine Ursachenanalyse erstellt, Kennzahlen ausgewertet und eine Maßnahme definiert.

Stattdessen entschied er sich, mit den Mitarbeitenden im Prozess zu arbeiten. Er lud das Team zu einem Workshop ein, stellte Flipcharts bereit und eröffnete die Runde mit einer einfachen Frage:

„Wenn ihr den Ablauf morgen selbst neu gestalten dürftet – was würdet ihr ändern?“

Innerhalb einer Stunde entstand eine lebhafte Diskussion. Es kamen Ideen zu Materialbereitstellung, Ablauforganisation und Kommunikationswegen. Der QMB moderierte, strukturierte, hinterfragte, fasste zusammen. Die besten Vorschläge wurden im Team abgestimmt und direkt getestet.

Ergebnis: Die Durchlaufzeit sank um 18 %, die Mitarbeitenden fühlten sich ernst genommen und der QMB wurde vom „Kontrolleur“ zum Partner auf Augenhöhe.

Coaching-Ansatz: Systemisches Fragen und partizipative Moderation.
Anstatt Lösungen vorzugeben, werden Perspektiven geöffnet. Der Fokus liegt auf Eigenverantwortung und Mitgestaltung.

Fehlermanagement neu denken

In einem Dienstleistungsunternehmen häuften sich Reklamationen. Die Analyse ergab: Viele Fehler entstanden durch Missverständnisse zwischen den Abteilungen. Der QMB stellte fest, dass alle Prozesse zwar beschrieben, aber kaum verstanden waren.

Er entschied sich für einen ungewöhnlichen Weg: Statt neue Anweisungen zu schreiben, organisierte er ein „Fehlergespräch“ mit Vertretern aller Bereiche. Seine Rolle: Zuhören, strukturieren, Fragen stellen, wie ein Coach.

„Was braucht ihr, um Fehler frühzeitig zu erkennen?“
„Was hindert euch daran, Informationen weiterzugeben?“

Die Antworten waren verblüffend einfach: fehlende Zeitfenster, unklare Zuständigkeiten, Angst vor Schuldzuweisungen. Gemeinsam entwickelte das Team ein neues Kommunikationsformat – ein wöchentliches, 15-minütiges Austauschmeeting ohne Protokollpflicht.

Nach drei Monaten sank die Fehlerquote messbar, das Vertrauen wuchs.

Coaching-Ansatz: Lösungsorientiertes Kurzzeitcoaching.
Der Fokus liegt nicht auf Ursachen, sondern auf konkreten nächsten Schritten. Verantwortung bleibt im Team, der QMB begleitet als Impulsgeber.

Führungskräfte im Qualitätsdialog

Ein weiteres Beispiel stammt aus einem mittelständischen Produktionsunternehmen. Der QMB sollte die Bereichsleiter stärker in das Qualitätsmanagement einbinden, doch die zeigten wenig Interesse. „Qualität ist eure Aufgabe, nicht meine“, hieß es.

Anstatt die Führungskräfte auf die Normanforderungen hinzuweisen, lud der QMB sie zu Einzelgesprächen ein. Sein Ziel: die Haltung hinter dem Widerstand verstehen.

Er nutzte klassische Coaching-Techniken, aktives Zuhören, Spiegeln, offene Fragen:

„Wie definieren Sie Qualität in Ihrem Bereich?“
„Was wäre für Sie ein spürbarer Nutzen aus dem QM-System?“

Im Verlauf der Gespräche stellte sich heraus: Die Führungskräfte sahen das QM-System als bürokratisch und fremdbestimmt. Der QMB griff diese Wahrnehmung auf, erklärte Hintergründe und bot Unterstützung an, um Prozesse praxisnäher zu gestalten.

Ein halbes Jahr später waren drei der vier Bereichsleiter aktiv an der Weiterentwicklung des QM-Systems beteiligt, aus Überzeugung, nicht aus Pflicht.

Coaching-Ansatz: Gesprächsführung nach dem GROW-Modell (Goal – Reality – Options – Will).
Dieses Modell hilft, Gespräche zielorientiert zu strukturieren und Eigenverantwortung zu fördern.

Welche Coaching-Methoden eignen sich besonders für QMBs?

Die Coaching-Welt ist vielfältig. Für QMBs kommt es nicht darauf an, zertifizierter Coach zu werden, sondern die passenden Elemente in ihre Arbeit zu integrieren. Hier sind einige bewährte Methoden:

  1. Systemisches Fragen
    Statt Anweisungen zu geben, stellt der QMB gezielte Fragen, um neue Perspektiven zu öffnen.
    Diese Technik stärkt Eigenverantwortung und fördert lösungsorientiertes Denken.

  2. Aktives Zuhören
    Ein zentrales Coaching-Element und im QM oft unterschätzt. Wer wirklich zuhört, versteht nicht nur, was gesagt wird, sondern warum. Das schafft Vertrauen und Offenheit, gerade bei sensiblen Themen wie Fehlern oder Auditergebnissen.

  3. Feedback nach dem „3-F-Modell“ (Fakten – Folgen – Forderung)
    Diese Methode bleibt sachlich und respektvoll – ideal für den QMB-Alltag.

  4. Lösungsorientiertes Kurzzeitcoaching
    Statt lange Ursachenanalysen: kurze, fokussierte Gespräche. Ziel ist, den nächsten machbaren Schritt zu finden, eine Methode, die hervorragend zu KVP-Ansätzen passt.

  5. Moderation und Visualisierung
    Gerade in Workshops hilft es, Ergebnisse sichtbar zu machen. Der QMB wird so zum Moderator von Veränderung.

Neue Impulse aus der ISO 9001:2026 – Qualitätskultur im Fokus

Die kommende Revision der ISO 9001:2026 greift genau diesen Wandel auf. Während die bisherigen Ausgaben stark auf Strukturen, Prozesse und Risiken fokussierten, wird nun die Qualitätskultur als zentrales Element verankert.

Im Entwurf der neuen Norm zeichnet sich deutlich ab: Qualität ist nicht nur messbar, sondern auch spürbar, in Kommunikation, Führungsverhalten und Motivation.
Organisationen sollen künftig nachweisen, wie sie eine Kultur fördern, die Qualität ermöglicht. Dazu gehört eine offene Fehlerkultur, aktives Lernen aus Abweichungen und das Einbinden aller Mitarbeitenden in kontinuierliche Verbesserungsprozesse.

Und genau hier liegt die Schnittstelle zum Coaching.

Ein QMB, der Coaching-Kompetenzen nutzt, kann diesen Kulturwandel entscheidend gestalten:

  • Er fördert Selbstreflexion bei Führungskräften.

  • Er schafft Raum für Dialog zwischen Abteilungen.

  • Er stärkt Verantwortungsbewusstsein bei Mitarbeitenden.

Damit wird der QMB zum Katalysator für das, was die neue ISO 9001 fordert: eine gelebte, von innen heraus getragene Qualitätskultur.
Coaching-Elemente helfen, diese Haltung praktisch umzusetzen, nicht durch Anweisungen, sondern durch Entwicklung.

Denn die 9001:2026 wird Qualität nicht mehr nur als System, sondern als gemeinsame Haltung verstehen.
Wer hier als QMB die Sprache der Menschen spricht und sie in Veränderungsprozesse begleitet, erfüllt nicht nur Normanforderungen, er gestaltet Zukunft.

Warum Coaching im QM-Kontext wirkt

Coaching ist kein „weiches“ Thema, sondern ein wirksames Werkzeug zur Zielerreichung. Es verbindet die fachliche Kompetenz des QMB mit sozialer Kompetenz – und das ist entscheidend für nachhaltige Qualitätsentwicklung.

Ein Coach-QMB sorgt dafür, dass Qualitätsziele verstanden, akzeptiert und mitgetragen werden. Er schafft Räume für Reflexion, leitet Teams zur Selbstorganisation an und hilft, Blockaden zu lösen, fachlich wie menschlich.

Das Ergebnis:

  • Maßnahmen werden schneller umgesetzt,

  • Konflikte werden frühzeitig erkannt,

  • Mitarbeitende übernehmen Verantwortung,

  • Qualitätsmanagement wird als Nutzen, nicht als Pflicht erlebt.

Coaching ist kein „Soft Skill“, sondern Qualitätsarbeit

Der provokante Titel „Der QMB als Coach – was soll das?“ beantwortet sich am Ende von selbst.
Denn wer als QMB erfolgreich wirken will, muss mehr können als Normen kennen. Er muss Menschen verstehen, Prozesse begleiten und Teams zur Eigenverantwortung führen.

Coaching ist dafür kein Fremdkörper, sondern ein natürlicher Bestandteil moderner QM-Arbeit.
Denn Qualität ist immer das Ergebnis von Kommunikation, Vertrauen und Entwicklung und genau das kann ein guter Coach fördern.

Kurz gesagt:
Der QMB der Zukunft ist kein Systemverwalter.
Er ist Coach, Moderator, Sparringspartner und Motivator und damit der entscheidende Faktor, ob Qualität im Unternehmen nur dokumentiert oder tatsächlich gelebt wird.

In Zusammenarbeit mit der Alster-Akademie Hamburg haben wir einen Workshop konzipiert, der Ihnen praxisnahe Coaching-Methoden vermittelt, klar, umsetzbar und direkt auf Ihren QM-Alltag übertragbar.

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