
ISO 9001:2026 – Mehr als nur ein Update: Wie sich Qualitätsmanagement neu ausrichtet
Die ISO 9001 steht vor der nächsten Revision – Was Unternehmen jetzt wissen sollten
Die weltweit führende Norm für Qualitätsmanagementsysteme wird überarbeitet. Mit der Veröffentlichung der neuen ISO 9001 ist – nach einer weiteren Verzögerung – nun im September 2026 zu rechnen. Unternehmen sollten die Zeit nutzen, um sich gezielt auf die neuen Anforderungen vorzubereiten.
Hintergrund zur Revision
Die ISO 9001:2015 prägt seit Jahren das Qualitätsmanagement in Industrie und Dienstleistung. Doch wirtschaftliche Umbrüche, die digitale Transformation und globale Herausforderungen wie der Klimawandel fordern eine Weiterentwicklung. Die Internationale Organisation für Normung (ISO) hat deshalb im Dezember 2023 offiziell mit der Revision begonnen.
Ursprünglich war eine Veröffentlichung für 2025 angestrebt, jedoch kam es aufgrund interner Umstrukturierungen und zahlreicher Rückmeldungen aus der Fachöffentlichkeit zu Verzögerungen. Die Veröffentlichung des neuen Normentwurfs (Draft International Standard, DIS) ist nun für Juni 2025 vorgesehen. Die finale Fassung der ISO 9001:2026 wird voraussichtlich im September 2026 erscheinen.
Geplante Änderungen – ein Überblick
Auch wenn die finale Fassung noch nicht vorliegt, zeichnen sich bereits einige inhaltliche Schwerpunkte ab:
1. Berücksichtigung des Klimawandels
Erstmals wird der Klimawandel explizit als externer Einflussfaktor erwähnt, der im Kontext des Unternehmens bewertet werden muss. Das fördert die Verbindung zwischen Qualitätsmanagement und nachhaltiger Unternehmensführung.
2. Resilienz und Risikobewältigung
Die Fähigkeit, auf Krisen und Veränderungen robust zu reagieren, soll stärker verankert werden. Damit rückt die organisationale Resilienz als strategischer Faktor in den Mittelpunkt.
3. Digitalisierung und Technologieeinsatz
Die Norm soll den Einfluss neuer Technologien – etwa künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Datenanalyse – im Qualitätsmanagementsystem stärker berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die Gestaltung, Steuerung und Überwachung von Prozessen.
4. Werteorientiertes Management
Qualitätskultur, ethisches Verhalten und Integrität erhalten ein größeres Gewicht. Die Norm soll künftig stärker betonen, dass Qualitätsmanagement ein gelebter Bestandteil der Unternehmensführung ist – nicht nur ein zertifizierbares System.
Harmonisierung mit anderen ISO-Standards
Die Revision der ISO 9001 ist Teil eines umfassenden Harmonisierungsprozesses der übergeordneten Struktur für Managementsystemnormen, der sogenannten Harmonized Structure (ehemals High Level Structure). Ziel ist es, alle zentralen ISO-Managementnormen in ihrer Struktur und Terminologie stärker aufeinander abzustimmen.
Folgende Normen werden derzeit ebenfalls überarbeitet oder in Kürze angepasst:
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ISO 14001 (Umweltmanagement):
Die Überarbeitung läuft parallel zur ISO 9001. Auch hier ist die Veröffentlichung einer neuen Version bis 2026 geplant. Kernthemen: Klimaresilienz, Biodiversität, Lebenszyklusanalyse. -
ISO 45001 (Arbeitsschutzmanagement):
Eine Revision ist bereits beschlossen. Es geht verstärkt um psychische Belastungen, hybride Arbeitsformen und resiliente Arbeitsplätze. -
ISO 50001 (Energiemanagement):
Auch hier ist eine Angleichung an die neue Harmonized Structure geplant, insbesondere hinsichtlich Berichtspflichten und Klimazielen. -
ISO/IEC 27001 (Informationssicherheit):
Bereits angepasst (2022), aber durch die Harmonisierung als Blaupause für neue Revisionen bedeutsam. -
ISO 37301 (Compliance-Management) und ISO 37001 (Anti-Korruption):
Diese Normen folgen bereits der neuen Struktur und verdeutlichen die zunehmende Rolle von ethischen und governancebezogenen Aspekten im integrierten Management.
Diese Harmonisierung bedeutet für Unternehmen mit mehreren Managementsystemen: Synergien nutzen, Schnittstellen vereinfachen und Audits effizienter gestalten. Wer schon heute integrierte Systeme betreibt, profitiert besonders von der einheitlichen Struktur.
Praktischer Ausblick: Was Unternehmen jetzt tun sollten
Auch wenn der endgültige Normtext noch nicht vorliegt, können und sollten Unternehmen bereits jetzt aktiv werden. Hier ein praktischer Fahrplan:
Entwicklungen beobachten:
Verfolgen Sie Veröffentlichungen der ISO, nationaler Normungsinstitute (z. B. DIN, ÖNORM, SNV) und Fachorganisationen wie der DGQ.
Normenverständnis auffrischen:
Nutzen Sie die Zeit für Schulungen zu ISO-Grundlagen und zu integrierten Managementsystemen – insbesondere für Qualitätsmanagementbeauftragte, Auditoren und Führungskräfte.
Kontextanalyse aktualisieren:
Überprüfen Sie, ob externe Einflüsse wie Klimarisiken, Digitalisierung oder gesellschaftliche Trends bereits im Managementsystem berücksichtigt sind.
Qualitätskultur reflektieren:
Stellen Sie sich der Frage: Wird Qualität in Ihrem Unternehmen gelebt oder verwaltet? Welche Rolle spielen Ethik und Führung?
Strategische Chancen erkennen:
Nutzen Sie die Revision als Anlass, Ihr Qualitätsmanagementsystem neu auszurichten – mit Blick auf Resilienz, Nachhaltigkeit und Innovationsfähigkeit.
Die kommende Revision der ISO 9001 bringt nicht nur neue Anforderungen, sondern auch neue Chancen. Der Fokus verschiebt sich von reiner Konformität hin zu strategischer Qualität, Resilienz und Verantwortung. Wer frühzeitig reagiert, kann nicht nur die eigene Zertifizierungsfähigkeit sichern, sondern das Qualitätsmanagement als echten Wettbewerbsvorteil nutzen.